Mädchen haben es genau so leicht wie Jungen? Lilly Krka, Sprecherin der GJ Hildesheim, sieht das anders. Sie hat ihre Erfahrungen in einem Leserinnenbrief für die KRASS! aufgeschrieben. Ein Gastbeitrag.
Welches Mädchen kennt das nicht? Beim Familienessen wird über Politik geredet, alle kennen sich in den Themen nur so halb aus. Hauptsächlich wird sich ohne faktenbasierte Argumente aufgeregt. Du sagst etwas Kritisches. Du hast dich mit dem Thema auseinandergesetzt, weißt eigentlich mehr als alle anderen im Raum, hast Dir bei der Argumentation doch so Mühe gegeben, aber zurück kommen nur Blicke. Vielleicht ein „Dafür bist Du noch zu klein“,ein kurzes Gelächter, dann wird weiter diskutiert – ohne Dich natürlich. Besonders die Meinungen jugendlicher Mädchen werden oft nicht beachtet oder gewürdigt; eine Expertise wird ihnen von vornherein abgesprochen. Ein Problem, was mir sehr lange, und auch den meisten anderen, so scheint es, nicht aufgefallen ist. Doch welchen Effekt hat dieses Verhalten auf die einzelne Person, auf unsere Gesellschaft und auf die Zukunft des Feminismus?
Wie Du dich auch drehst und wendest – es ist falsch.
Das oben genannte Beispiel habe ich ausgewählt, weil besonders das „Silencing“ junger Mädchen, also der Versuch, Minderheiten zum Schweigen zu bringen, wenn diese über ihre Probleme reden, in politischen Gesprächen für Verunsicherung sorgt und zu einer Neigung führt, sich gleich gar nicht mehr zu engagieren oder die eigene Meinung zu artikulieren. Doch auch andere Aspekte tragen dazu bei, das Selbstbewusstsein und die Sicherheit mit der eigenen Identität der Mädchen zu schwächen. „Das ist doch nur eine Phase“, ist wohl der Standardspruch als Reaktion auf die Interessen junger Mädchen. Auf alles scheint er sich zu beziehen: Welche Musik gehört wird; ob Justin Bieber, Charts oder Pink Floyd. Alles lässt sich einer bestimmten Gruppe zuordnen, ist falsch, komisch oder eben „nur eine Phase“. Wie auch immer Du dich kleidest, was Du isst und nicht isst. Wie Du dich auch drehst und wendest – es ist falsch.
Besonders ernst wird es bei dem Thema Sexualität. Zuerst wird das Thema totgeschwiegen, dann heißt es, alle Mädchen seien doch irgendwann einmal bisexuell gewesen und würden etwas ausprobieren wollen. Aber auch hier heißt es wieder viel zu oft: „Es ist doch nur eine Phase“. Diese Reaktionen führen zu einem Druck, sich beweisen zu müssen und vor allem wieder zu einer Unsicherheit mit der eigenen Identität und zu Angst. Dadurch wird eine neue Generation leiser Frauen herangezogen und dem Feminismus und dem Traum von einer Gesellschaft voller starker Frauen werden erneut Steine in den Weg gelegt. Denn wie sollen diese Frauen, die in ihren Jugendjahren so verunsichert wurden und dazu erzogen wurden, ihre Meinung nicht zu artikulieren, sich in der Politik zu engagieren und laut gegen das Patriarchat zu sprechen? Junge Frauen, die sich unsicher mit ihrer Identität und ihren Rechten sind, werden weniger dazu bereit sein, gegen Unrecht zu kämpfen. Eher werden sie dazu neigen, sich der verbreitetsten Meinung anzuschließen und so einen Wandel zu verhindern. Besonders in Bezug auf Alltagssexismus kann das problematisch sein. Wenn junge Frauen daran gewöhnt sind, dass Männer sie beim Reden unterbrechen, ihre Meinungen nicht würdigen oder von ihnen erwarten, diese nicht zu äußern, werden sie sexistischem Verhalten nicht entgegentreten und es wird sich nichts ändern. So wird jetzt schon der Grundstein für die zukünftige Entwicklung des Feminismus – oder sogar dessen Stillstand – gelegt.
Besonders Eltern müssen dafür sensibilisiert werden, ihren Töchtern Mut zu machen und ihr Selbstbewusstsein zu stärken. Gemeinsam mit den Jugendlichen können Techniken erlernt werden, die angewendet werden können, wenn sie Silencing – oder anderweitig Sexismus – begegnen. Außerdem muss die Grüne Jugend verstärkt einen sicheren Ort für die politische Bildung und Meinungsäußerung junger Mädchen bieten, um die Zukunft des Feminismus zu prägen und zu stärken!
Du stimmst Lilly zu? Oder siehst es ganz anders? Den ganzen April lang wird es in der KRASS! um Queerfeminismus gehen. Schreib uns doch einfach, wenn du auch Lust hast einen Beitrag zu veröffentlichen! Wir helfen dir von der Idee bis zum fertigen Text, wenn du das möchtest! Mehr Infos findest du im Reiter „Mach mit!“.
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