Wir leben in bewegten Zeiten. Die Welt wie sie für uns lange selbstverständlich war befindet sich in einem radikalen Umbruch. Doch das nicht erst seit gestern. Lange blieben uns die Veränderungen verborgen, schienen weit weg, waren auf den ersten Blick nicht ersichtlich. Doch mit Fluchtbewegungen und Terror werden sie nun für die ganze Welt sichtbar. Anschläge erscheinen normal, man nimmt sie schon mit Gleichgültigkeit war, sie gehören allmählich zur Lebenswirklichkeit hinzu. Und das wird so bleiben, wenn wir unsere Gesellschaft nicht fundamental ändern.
Warum wird man Terrorist?
Als ich mich entschied den Grünen beizutreten und auch in der Grünen Jugend aktiv mitzumischen war das zum Einen Idealismus und zum Anderen der Frust über die täglichen Bilder des Leids in den Nachrichten. Tag für Tag verhungern Menschen, werden Kinder von Bildung ausgeschlossen, werden Kriege gekämpft, bei denen die Unschuldigen Leiden. Währenddessen hört man von den Eskapaden in Politik und Wirtschaft, sieht die finanziell Privilegierten ein Leben in Hülle und Fülle führen, während andere am Rande der Existenz leben. Dass man bei solchen täglichen Nachrichten irgendwann nicht mehr zusehen kann ist doch nur all zu verständlich. Ähnlich geht es Terrorist*innen. Sie sehen eine kaputte Gesellschngaft, in der die einen mit ihrer Geburt wissen, dass sie ein Leben im Überfluss haben werden, während andere mit der Geburt von sämtlichen Grundrechten ausgeschlossen werden. Sie sehen sich als Verlierer*in, Ausgegrenzte, Opfer des Systems. Doch sie wissen nicht wie sie dem entfliehen können. Es kann reichen, dass einem einmal die falsche Person über den Weg läuft, man radikalisiert sich, schürt Hass, findet einen Katalysator, der die negative Energie in einem befeuert. Wo der Staat versagt, d.h. wenn es um Bildungsgerechtigkeit, Integration oder soziale Arbeit geht, dort wächst eine verlorene Generation auf. Von allen vergessen, kommen schließlich die selbsternannten ‚Heilsbringer*innen‘, die auf einen Schlag ein noch so junges Leben zerstören können.
Wie kann man dem Entgegenwirken?
Da ist vor allem der Staat in der Verantwortung. Soziale Arbeit, pädagogische Berufe u.ä. gebührt viel mehr Anerkennung. Es muss wesentlich mehr in diesen Bereich als auch in die Bildung investiert werden. V.a. muss unser Bildungssystem durchlässiger werden, denn heute ist mit der Geburt meistens schon entschieden, wohin einen die Zukunft führt. Man bleibt in seiner Schicht. Ausnahmen bestätigen lediglich die Regel. Ein großes Problem ist, dass zu viele Menschen zu früh abgestempelt werden, auf der Strecke bleiben und hinterher dadurch kaum Aufstiegschancen haben. Der zweite Bildungsweg muss gestärkt werden, wir brauchen eine Gesellschaft der Chancen, lebenslang. Wer eine Chance verpasst, der soll eine neue bekommen. Ansonsten schaffen wir perspektivenlose ‚Problemfälle‘, die Gesellschaft und Staat eher belasten und entlasten.
Es braucht Vorbilder
Was besonders hilfreich sein kann sind Vorbilder, Bildungsaufsteiger*inner, Leistungsträger*innen, die zeigen, wie viel der Einzelne*die Einzelne doch erreichen kann. An solche Vorbildern können sich Jugendliche, Kinder, junge Erwachsene, ja, eigentlich unsere ganze Gesellschaft, messen – menschlich wie auch beim Lebenslauf. Doch damit jeder auch etwas erreichen kann, braucht es Chancengerechtigkeit. Chancen müssen wieder gleich gewichtet sein und nicht allein vom Geldbeutel abhängen. Wenn wir es jedoch schaffen all diese Punkte mit der Zeit zu verwirklichen, dann schaffen wir eine offene Chancengesellschaft, in der keine*r sich selbst überlassen, sondern in der Solidarität Alltag ist und der Stärkere dem Schwächeren hilft. Daran kann auch der*die Einzelne mitarbeiten, indem er diese ‚neue‘ Leitbild predigt und lebt.