Von der Share Economy1 und warum sie nicht so geil ist, wie sie klingt
Teilen ist in! Und zudem einfacher und beliebter denn je, denn die Ökonomie des Teilens hat durch Internet, Smartphones etc. einen ziemlichen Aufwind bekommen. Aber was genau ist sie denn nun, die Share Economy? Über die genaue Auslegung wird auch von Fachleuten immer noch heftig debattiert aber auf das Wichtigste heruntergekürzt beschreibt Share Economy eine Form der Wirtschaft, in der die Menschen Dienstleistungen und die Güter, die sie besitzen, miteinander teilen und tauschen. Klingt zunächst sehr nachhaltig und grün: Hundert Menschen besitzen nicht hundert, sondern eine Bohrmaschine. Das selten benutzte VGA-USB-Kabel wird von einer Hausgemeinschaft geteilt. Auf dem Weg Richtung Arbeit fährt man nicht in fünf Autos, sondern zu fünft in einem Wagen mit Menschen aus der näheren Nachbarschaft. So fällt weniger Müll an, weniger Rohstoffe werden verbraucht, weniger Schadstoffe in die Umwelt abgegeben, oben drauf ist es auch noch leicht zu koordinieren mittels Smartphone oder Laptop und man lernt neue Leute kennen. Grüner gehts kaum.
Leider ist das nur die Spitze des Share-Eisberges, bei vielen der Share-Economy-Unternehmen geht es weniger um Umweltschutz und Teilen, sondern viel mehr um einen finanziellen Vorteil. DriveNow und Car2Go, die zu BMW bzw. Chrysler gehören, sind weniger am Schutz der Umwelt interessiert, sondern eher daran, die Kund*innen, die statt einen eigenen PKW zu kaufen Carsharing nutzen, an sich zu binden. Der Fahrdienst Uber wird von vielen nicht genutzt, um auf Strecken, die man eh fahren würde, zusätzlich Menschen mitzunehmen und Emissionen einzusparen, sondern um ohne Taxilizenz einfach Geld zu verdienen. Und ebenso wird auch die Plattform Airbnb, mit der man die eigene leerstehende Wohnung zum Beispiel während des Urlaubs vermieten kann, häufiger genutzt, um steuerfrei Zweitwohnungen zu vermieten.
Man kann sich natürlich jetzt fragen, was daran so schlecht sein soll, schließlich ist Wirtschaft, die auf Gewinn aus ist, nichts außergewöhnliches. Außerdem scheinen auch alle daraus einen Vorteil zu ziehen: Der*Die Anbieter*in kann einfach Geld verdienen, der*die Nutzer*in kann günstiger einkaufen, fahren oder wohnen. Dieses Prinzip hat jedoch viele Schattenseiten. Zunächst einmal ist in vielen Fällen die Versicherungslage nicht geklärt, was die Nutzer*innen im Zweifel teuer zu stehen kommt. Auch die Konkurrenz, beispielsweise Taxiunternehmen, kann oft mit den billigeren Preisen nicht mehr mithalten. Gründe dafür sind unter anderem Versicherungskosten oder Sozialleistungen und Mindestlöhne, die bei Share-Economy-Unternehmen gar nicht erst anfallen. Außerdem geht der Grundgedanke der Share Economy verloren, nämlich zu teilen um weniger zu konsumieren.
Oft wird Share Economy auch als Alternative zu Kapitalismus und Kommunismus bezeichnet, allerdings ist sie das nur bedingt. Schließlich haben Zugang zu einer Zweitwohnung, die man über Airbnb vermieten kann, oder einem Auto, mit dem man andere fahren kann, eher diejenigen, die bereits besitzen. Also verdienen an der Share Economy eher diejenigen, die bereits mehr haben. Um allen in einer Share Economy gleiche Chancen zu geben, müsste man sämtliche Besitzgüter einsammeln und gleichmässig neuverteilen, allerdings haben wir dann bereits Kommunismus und können gleich dabei bleiben. Auch sonst ist die Share Economy nicht sehr sozial gerecht, schließlich sind in diesem Wirtschaftszweig Worte wie Mindestlohn, Kranken- oder Rentenversicherung unbekannt.
Konzepte wie ein Bedingungsloses Grundeinkommen oder Umverteilung durch höhere Besteuerung der hohen Einkommen klingen da schon besser. Einfaches Sharing, also Teilen ist natürlich weiterhin erwünscht, da es nicht nur solidarisch, ressourcenschonend und umweltfreundlich ist, sondern auch noch Spaß macht.

1Engl. Wirtschaft des Teilens

Über den Autor:

Vincent Krämer ist Sprecher der GRÜNEN JUGEND Köln und macht gerade Abitur.