Zu Beginn des Textes möchte ich sagen, dass ich im folgenden Artikel oft nur vom „Rap“ schreibe. Als Mensch, der seit Jahren selbst Rap hört weiß ich, dass viele verschiedene Arten von Rap existieren und es dort auch genug Künstler*innen gibt, die überhaupt nicht dem entsprechen, was ich im folgenden als „Rap“ bezeichne, dazu komme ich später im Artikel auch nochmal. Im folgenden Artikel meine ich, wenn ich vom „Rap“ spreche, sexistischen und  mackerhaften Rap und nicht gut reflektierte Rapper*innen, der Einfachheit halber benutze ich aber nur den Begriff „Rap“.

 

„Warum Rap ich nur von Sissis machen und Schlampen, die ich bums?  Weil alle meine Fans sind maskuline Jungs, Nutte“ ( SSIO – alles routine) –  Solche und so ähnliche Textstellen findet Mensch vor allem im Rap besonders oft.
Sexismus ist neben Homophobie und Nationalismus ein großes Problem im Rap, aufgrund der Queerfeminismusreihe der KRASS möchte ich jetzt speziell dem Thema Sexismus im Rap einen Artikel widmen.

 

Hier ist es interssant, dass es, verkürzt gesagt, 2 Arten von Sexismus im Rap gibt: Einmal der Sexismus Frauen* gegenüber und einmal das Bestätigen von Geschlechterrollen. 
Weswegen ich die oben geschriebene Textstelle genommen habe ist ganz leicht, sie umfasst die beiden Arten in nur zwei Zeilen.

 

Als erstes gehe ich auf den Sexismus Frauen* gegenüber ein. 
Wie im oben erwähnten Zitat werden Frauen* schnell als „Nutten“ bezeichnet, dass liegt daran, dass Rap leider immer noch sehr männlich dominiert ist. 
Frauen* werden oft nur als „Objekte“ gesehen, als Schmuckstück für einen starken maskulinen Mann*.
Es ist spannend zu sehen, dass viele Rapper ( hier bewusst nicht gegendert) sehr stark auf ihre Männlichkeit beharren, „Ich hab die dicksten Muskeln, das schnellste Auto, den längsten Schwanz und eh die meisten Frauen gehabt.“ Dabei ist letzteres anscheinend besonders wichtig, weil sie versuchen, sich durch die Anzahl der Frauen* die sie angeblich im Bett hatten anderen überlegen zu fühlen und sich selber zu profilieren. 
Hierbei geht es nicht darum über die eigene Sexualität zu reden, oder gar die Sexualität der Frau* als positiv darzustellen, es geht darum sich von den anderen abzuheben und zu symbolisieren, dass Mensch beliebt ist und bei jeder*jedem gut ankommt. Die Frau* mit der er schläft wird dann schnell als „Nutte“ bezeichnet weil sie anscheinend kein Problem damit hat, einen One-Night-Stand zu haben. Der Gedanke, dass Frauen* kein vielfältiges Sexualleben haben sollten und sie daher schnell als „Nutte“ bezeichnet werden, wenn Sie eines haben, ist ein gesellschaftliches Problem, das, wenn wir es jetzt genauer analysieren wollten, den Rahmen des Artikels sprengen würde.

 

Auch in den Videos werden Frauen* eher als visuelle Beilage gesehen. Möglichst viele, möglichst leicht bekleidete Frauen* die in den Videos eine Nebenrolle spielen und nie wirklich inhaltliche Beachtung finden dürfen, kommen beim Großteil der Zielgruppe, deren Mitglieder das, was die Großen Idole über Frauen* sagen, auch oft genau so übernehmen, sehr gut an. 

 

Dass sich viele Rapper*innen ihrer Vorbildfunktion nicht bewusst sind, ist ein weiteres Problem. Auch wenn es einigen Rapper*innen vielleicht bewusst ist, dass das was sie sagen nicht mehr zeitgemäß und äußerst sexistisch ist, beachten sie nicht, dass sie für viele Jüngere Fans Vorbilder sind, sie  dadurch beeinflussen und die Fans ihre Aussagen ernst nehmen. So wird weiblichen* Fans direkt vermittelt, dass sie sich möglichst zurück halten sollen, damit sie keine „Nutten“ sind und männlichen* Fans wird ein komplett falscher Umgang mit Frauen* und Sexualität vorgelebt. Dass Musik Persönlichkeiten beeinflusst ist uns allen bewusst und deswegen ist es besonders problematisch wenn solche sexistischen Gedanken besonders an junge Menschen herangetragen werden, die nicht in der Lage sind, kritisch zu reflektieren.

 

Oft kommt es im Zuge von sogenanntem „Battlerap“ zu Bekräftigungen von Geschlechterrollen. Im „Battlerap“ geht es darum den/die Gegner*in so hart wie möglich zu beleidigen.
Es ist im Prinzip nichts Verwerfliches, wenn es im Rahmen eines Turniers mit klaren Regeln darum geht, sich gegenseitig mit Sprüchen zu „battlen“. Hier ist es aber wichtig, das sie nicht sexistisch, homophob oder rassistisch sein sollten, aber genau das sind sie in den meisten Fällen leider.
In der Gesellschaft, in der wir alle leben, sind sexistische Beleidigungen leider keine Seltenheit und  auch weitgehend akzeptiert.
Es ist ein abgedroschener Spruch, wenn man sagt „Rap ist die Sprache der Straße“, ganz unwahr ist es jedoch auch nicht. Ich würde nicht behaupten das Rapper*innen sexistischer oder homophober sind als der Durchschnitt der Gesellschaft, das Problem ist, dass sie
a) es offen nach außen tragen
b) öfter Menschen beleidigen, weil Beleidigungen eine Eigenart des Rap sind. 

 

Im „Battlerap“ ist oft zu beobachten, dass vor allem männliche* Gegner nicht als „echte Männer“ bezeichnet werden, und dadurch wird versucht, den Gegner( auch hier bewusst nicht gegendert) in seinem „männlichen Stolz“ zu kränken . Es ist leider verbreitet, dass man(n) sich stark mit dem biologischen Geschlecht und den damit verbunden Geschlechterrollen identifiziert und nur in den Kategorien„männlich“ und „weiblich“ gedacht wird.
„Komm kämpf wenn du ein richtiger Mann bist“ oder „Du flowst wie ein Mädchen“ sind noch relativ harmlose Beispiele dafür, wie das Kränken mit Geschlechterrollen praktiziert wird. 

 

Wie oben schon erwähnt ist es sehr verallgemeinert, wenn ich hier vom „bösen sexistischen Rap“ spreche, weil es genug Beispiele gibt wie guter Rap auch ohne Sexismus oder Homophobie funktioniert. Vor allem im sogenannten „Zeckenrap“ von Rapper*innen, die aus der linken Szene kommen, wird besonders viel Wert auf Sprache gelegt.
Hier geht es darum guten inhaltlichen Rap zu produzieren ganz ohne Sexismus, Homophobie, Nationalismus oder Rassismus.
Einer der bekanntesten Beispiele dafür ist die „Zeckenrap Crew“ TickTickBoom, eine Rapcrew aus bekannten linken Rapper*innen wie z.b Sookee, Johnny Mauser, Pyro One, Marie Curry etc.
Besonders Sookee engagiert sich seit Jahren gegen Sexismus und thematisiert, wie oft Diskriminierung und Sexismus durch Sprache stattfindet.
Jedoch muss mensch sich nicht zwingend in linken Kreisen bewegen, um guten Rap ganz ohne Sexismus hören zu können. Eine weitere Empfehlung von mir ist Edgar Wasser. Er achtet auch stark darauf, dass er keine sexistischen oder homophoben Formulierungen verwendet. In seinem Song „ Bad Boy“ kritisiert er auf ironische Art und Weise stark den Sexismus im Rap, wer den Song nicht kennt sollte es sich unbedingt mal anhören.  (Wenn ihr mehr Rapper*innenempfehlung von mir ganz persönlich hören wollt, schreibt es in die Kommentare oder schreibt mich einfach an.)

 

 

Ich glaube, dass Rap stark von der Gesellschaft, in der wir leben, geprägt ist und Rapper*innen deswegen nicht automatisch sexistischer sind als der Rest der Gesellschaft. Ihre Texte sind oft am alltäglichen Sprachbild orientiert und deswegen wird der Alltagssexismus in ihren Texten besonders deutlich.
Solange Sexismus, sexistische Beleidigungen und starre Geschlechterrollen in der Gesellschaft akzeptiert und normal sind, wird es sich auch im Rap nicht grundlegend ändern.
Sobald unsere Gesellschaft jedoch wirklich emanzipiert und antisexistisch wird, wird es die Rapmusik auch werden.
Dieser Artikel stammt von Flo aus der Redaktion.