Es braucht Umweltschutz statt weichgespülter Möchtegern-Ökos!

Jetzt ist es wieder soweit: Die Weltklimakonferenz in Paris ist gestartet. Dort, wo vor kurzem noch schreckliche Anschläge verübt und menschliche Werte mit Füßen getreten wurden, wird es dieses Mal darum gehen, einen Nachfolger für das 2020 auslaufende Kyoto-Protokoll zu vereinbaren. Der Deutsche Bundestag hat dazu bereits vor einiger Zeit eine Liste mit Forderungen an die Bundesregierung verabschiedet. Doch statt ambitionierte Ziele zu vereinbaren und sich für eine Zukunft einzusetzen, dass nachfolgende Generationen unbeschadet und wohlbehütet leben können, fährt die große Koalition einen Kurs, in der es mehr ums eigene Image, als um den Fortbestand dieser Welt geht.

So wird von der Regierung gefordert, sich beispielsweise für Transparenz und robuste Regeln einzusetzen. Von der großen Koalition. Um zu verstehen, dass dies ein innerer Widerspruch ist, muss man einfach nur das Vorgehen der Kanzlerin in anderen Dingen ansehen. Egal ob NSA-Affäre oder Bundesnachrichtendienst, ihre Aufklärungsarbeit und Aufarbeitung lässt viel zu oft mehr als zu wünschen übrig. Und natürlich sagt auch der VW-Skandal nicht gerade wenig über robuste Regeln aus. Wenn eine Bundesregierung seit 2008 Bescheid weiß, dass deutschlandweit Abgasgrenzwerte überschritten werden, dann wäre es allein eine Beleidigung des Amtes, dass eine Bundeskanzlerin, die seit 2005 im Amt ist, nicht darüber informiert wird. Die fehlenden bzw. mangelnden Reaktionen auf diese Erkenntnisse sagen genug über die Bedeutung von Umweltschutz für Frau Merkel aus. Daran ändert auch ein initiierter Atomausstieg nichts, der erst nach einer Katastrophe in die Wege geleitet werden konnte, obwohl man bereits vorher über die Risiken und die Zukunftsunfähigkeit von Atomkraft Bescheid wusste.

Eine andere Forderung des Bundestages ist, dass die Bundesregierung sich beim neuen Abkommen an der 2-Grad-Obergrenze [Grenze, bis zu der das Weltklima maximal bis zum Jahr 2100 ansteigen soll] orientieren, jedoch nicht verbindlich für eben diese 2-Grad-Obergrenze eintreten soll. Wenn man jedoch auf Wissenschaftler*innen hört, dann registriert man, dass 2 Grad Erderwärmung bis 2100 die maximale Toleranzgrenze sind. Darüber hinaus werden irreversible Schäden und ein Schmelzen des Permafrosts [Boden, der ab einer bestimmten Tiefe dauerhaft gefroren ist] befürchtet. Wenn dieser in großem Umfang schmilzt, dann wäre dies mit einem extremen Freisetzen von CO² und anderen Treibhausgasen verbunden und es könnte weniger eingespeichert werden. Dies kann im sogenannten „Point of no Return“ (zu deutsch: „Punkt ohne Widerkehr“) münden, was bedeutet, dass ein Prozess eingeleitet wird, der wie ein Dominoeffekt ist: Ein Klimaextremum mündet im nächsten Klimaextremum, es ist nicht mehr aufzuhalten. Bei der Debatte zum Weltklimagipfel sprach die Bundesumweltministerin von anvisierten bzw. realistischen Zielen von 2,7 bis 3,5 Grad Celsius Erderwärmung bis 2100. Dies ist weder ambitioniert noch ausreichend. Der Temperaturanstieg ist nämlich auch mit einem Schmelzen der Pole und somit einem Anstieg des Meeresspiegels verbunden. Man hat mittlerweile sogar beobachtet, dass sich ein Riss quer durch Grönland erstreckt; bei der Größe dieser Insel ist das ein erschreckender Warnhinweis. Aber die große Koalition zeigt einmal mehr, dass sie besonders auf umweltpolitischer Ebene weder über Kompetenzen, Ambitionen noch Realismus verfügt.

In einem weiteren Punkt wird verlangt, dass die Regierung für eine Nutzung von Marktmechanismen eintritt. Mit anderen Worten: Kapitalismus soll bleiben. Statt sich zu fragen, wo der Klimawandel denn herkommt, wird weiterhin starrsinnig am Gesamtsystem festgehalten und darauf gehofft, dass man es doch irgendwie schafft. Aber bereits an den Einschätzungen der Bundesumweltministerin erkennt man, dass dies von vorne herein zum Scheitern verurteilt ist. Nachhaltigkeit und Klimaschutz sind mit kapitalistischem Wirtschaften nicht zu vereinbaren. Wenn nur Leistung und Wachstum die Basis sind, dann ist es klar, dass andere Dinge zu kurz kommen. Soziales, Wirtschaftliches und Ökologisches muss gleich gewertet werden, das zeichnet Nachhaltigkeit aus. Es bedarf nicht nur eine Wende der globalen Wirtschaftssysteme, sondern auch der Denkweise der Menschen. Wir leben im globalen Norden über unsere Verhältnisse, während andere nicht mal eine Basis zum (Über-)Leben in Würde haben. Paris ist die Möglichkeit für diese Wende, Paris muss genutzt werden. Hier müssen die Regierenden dieser Welt Verantwortung übernehmen und kollektiv für EINE Welt eintreten. Es geht hier nicht um die Zukunft einzelner Personen oder Staaten, sondern um die Zukunft der gesamten Menschheit. An Krisen kann man seine wahre Größe zeigen, heißt es. Diese Chance ist mehr eine Pflicht, die jetzt erfüllt werden muss. Es ist fünf vor zwölf.

Mein Schlussplädoyer
Liebe Politiker*innen dieser Welt, liebe Regierenden,
unsere Welt ist ein Geschenk. Ob von Gott geschaffen oder durch die Natur entstanden, das ist nicht wichtig. Sie vereint die verschiedensten Menschen, birgt größte Schätze, nicht in Form wertvoller Ressourcen, sondern in Form von menschlicher Kultur. Unser geistiger Reichtum wird überall auf der Welt künstlerisch ausgedrückt, seit Urzeiten. Und dennoch gibt es Menschen, die von all dem nichts wissen und es auch nie erfahren werden. Sie sind arm, haben kein zu Hause, keine Perspektiven – zum Leben oder sogar zum Überleben. Doch wir alle sind eine Welt, leben auf einem Planeten, also lasst uns alle gemeinsam, Hand in Hand, als Wähler*innen oder Regierende, als Umweltaktivist*innen oder Wissenschaftler*innen, vereint im Menschsein für diese Welt kämpfen. Für einen Fortbestand des Planeten und mehr Menschlichkeit. Es liegt an uns allen, wohin der Weg uns führt.
Fabian Jaskolla