Am Wochenende vom 10.-12. April war Bundeskongress. Als Technik-Mensch bin ich auf viele tolle Menschen getroffen und musste mich schwierigen, technischen Problemen stellen. Politische Diskussionen oder Inhalte rückten für mich dort in den Hintergrund. Der reibungslose Ablauf der Veranstaltung hat Vorrang.
Abends wollte ich dann entspannen, in dem ich zur Party der Europa-Grünen gehe. Diese wurde auch als Party des Bundeskongresses beworben. Der Bus war dann aber doch recht voll, weswegen ich nicht mehr reinpasste. Noch später zurück zur Schule kommen wollte ich aber dann auch nicht, weswegen ich dann zurückblieb. Ich bekam also nur via Twitter mit, wie die Party verlief.

 

Offensichtlich wurden verstörende Lieder gespielt. Musical Contents von Verschwörungstheoretikern und sexistischen Rappern. Für eine Party der Grünen Jugend ist das nicht nur ungewöhnlich, sondern auch scheiße. Als noch schlimmer wurde empfunden, dass dennoch munter dazu weiter getanzt wurde.
Schnell wurden die Rufe laut: Der Bundesverband hat sich zu rechtfertigen. Ich beobachtete die Diskussion eine Weile und setzte dann folgenden Tweet ab:
„Warum muss sich die @gruene_jugend für eine Party der @Gruene_Europa rechtfertigen? Höchstens, dass sie sich nicht eingemischt hat. #gjbuko“
Es war eine Party der Grünen Europa. Sie wurde auch von ihnen als solche beworben. Das zu diesem Zeitpunkt der Bundeskongress in Bremen stattfand, war meiner Ansicht nach vollkommener Zufall. Ein treffender Zufall. Denn er erleichterte der Bundesgeschäftsstelle und dem Bundesvorstand die weitere Planung. Location suchen, Preis aushandeln, mieten, Getränke bereitstellen, DJ finden. Und das alles neben den üblichen Bundeskongress vorarbeiten.

 

Ich denke, niemand hat eine Vorstellung darüber, was es heißt, einen Bundeskongress zu planen. Auch ich als Technik nicht. Allein deswegen sollte es niemanden übel genommen werden, wenn dieser wichtige Part der Organisation abgegeben wird. Auch weil es sonst kein Sinn gemacht hätte, zwei Partys parallel stattfinden zu lassen.
Natürlich hätte man mindestens die Anforderung nicht-triggernde Lieder spielen zu lassen, stellen müssen. Es hätte aber auch vorausgesetzt werden können, da es sich um die Grünen Europa handelt und sich dort auch einige jung-grünen engagieren und sich möglicherweise auch in der Organisation der Party eingebunden haben. Das sich die Grüne Jugend trotzdem vollkommen darauf verlassen hat, kann als fahrlässig bezeichnet werden.

 

Doch ist es allein die Grüne Jugend? Dieser Fall sticht heraus. Doch was ist mit denen, die nicht herausstechen, möglicherweise Einzelfälle sind? Diese habe mehrmals erlebt. Und zwar in der GRÜNEN JUGEND NRW.
Ich war bisher zweimal für die Musik der Party der LMV zuständig. Bei der ersten Party etwas spontan, beim zweiten Mal etwas länger im Voraus. In beiden Fällen wollte ich den Prozess der Musikfindung so partizipativ wie möglich gestalten. Sowohl in der Musikauswahl, als auch bei der Trigger-Liste.
Zu keinem Zeitpunkt wurde ich jedoch so kontrolliert oder begleitet, wie es bei dem DJ der Europa-Grünen hätte sein müssen. Diese Annahme treffe ich auch für jede weitere Playlist, die nach meinen kam. Wäre mir also trotz Trigger-Liste ein Missgeschick passiert, nach dem Zwei-Augen-Prinzip hier wäre es nur dann aufgefallen, wenn das Lied auch schon gespielt wurde.
Beim zweiten Mal habe ich es mit einer „offenen Playlist“ probiert. Links daneben lag die Trigger-Liste. Insgesamt kam das gut an. Theorie sollte sein, jede*r konnte ein Lied suchen, eintragen, abspielen lassen. Jeder Musikgeschmack konnte also erfüllt werden, natürlich nur unter Berücksichtigung der Trigger-Liste.

 

Die Praxis gestaltete sich jedoch anders. Die Trigger-Liste wuchs an, während meines Aufenthalts auf der Party kontrollierte ich deren Einhaltung. Und es gab einige Situationen, bei denen ich mehrmals auf die Trigger-Liste verweisen musste. Zum Teil auch mit dem Verweis auf die Awarness Group. Doch auch ich bin ein Mensch und musste irgendwann ins Bett gehen, während die Party weiterlief. Die Verantwortung gab ich ab, ein weiterer Hinweiszettel kam hinzu. Er war nicht zu ignorieren.
Am nächsten Morgen war ich geschockt. Mir wurde vom weiteren Verlauf berichtet, es wurden Lieder gespielt, obwohl sie sich in der Trigger-Liste befanden. Ein Blick in den Spotify-Verlauf ließ mir dann anschließend den Rückschluss zu: Alle Lieder der Trigger-Liste wurden auf die Playlist geschrieben und wohl auch abgespielt (wobei ich nicht weiß, ob sie komplett gespielt wurden).
Ich sprach daraufhin einzelne Personen des Landesvorstandes an. Eine Reaktion blieb aus.

 

Auf Twitter wurde die Frage diskutiert, ob die GRÜNE JUGEND ein Schutzraum ist. Für uns steht ganz außer Frage, dass sie das sein soll. Dazu gehört aber eben auch das Aufarbeiten solcher Situationen. Egal, ob es sich um die vergangene BuKo-Party handelt, bei der sowohl der DJ als auch die Gäste schwierig gehandelt haben, oder bei der Ignoranz der Regeln einer offenen Playlist und deren Missbrauch bei einer LMV.
Dieser eine Fall sollte jedoch ein Anstoß für eine gesamtverbandliche Aufgabe sein. Wir müssen unsere Partys (und seit kurzem auch Mitgliederversammlungen) musikalisch eben auch als Schutzraum für alle teilnehmenden Gäste gestalten. Lieder von verschwörungstheoretischen Musikern sollten ebenso wenig gespielt werden, wie Trauma auslösende oder erinnernde Lieder.
Bei der Bewältigung dieser Aufgabe hilft es nicht, den Finger auf andere Gruppen zu richten, jede*r von uns ist dafür verantwortlich, einen Schutzraum zu schaffen und zu erhalten. Hoffentlich bewegen wir uns damit auf einen Weg, der unsere Partys noch besser und inklusiver werden lässt, als jetzt. Nur scheiße, dass es dafür einen Anlass brauchte.

 

 

Der Artikel stammt von Kay aus der GJ Bonn.
Das Bild stammt von Jörg Brinckheger /Pixelio