Blockupy (1 von 1)

„Ein extrem wichtiges Thema. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: ob Links- oder Rechtsextremismus, da sehe ich keinen Unterschied.“

„Doch doch“, ruft das Känguru laut dazwischen. „Es gibt einen Unterschied. Die einen zünden Ausländer an, die anderen Autos. Und Autos anzünden ist schlimmer. Denn es hätte mein Auto sein können. Ausländer besitze ich keine.“

[Marc-Uwe Kling]

Dass es heute in Frankfurt laut werden würde, war vorherzusehen. Zur heutigen Eröffnung der EZB- Neubaus in Frankfurt waren schon im Vorfeld große Proteste angekündigt worden.
Nachdem schon morgens Polizeiwagen brannten und Barrikaden errichtet worden waren, lag darauf auch der Fokus der medialen Berichterstattung.
Als berichtet wurde, dass Demonstrierende einen Polizeiwagen erbeutet hätten, konnte ich mir ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen und hatte unweigerlich einen Ohrwurm. Sehr viele Aktionen sind und waren mehr als kreativ und amüsant, doch Teile der heutigen Proteste verloren im späteren Verlauf an Witz.
Es gibt Situationen, in denen Sachschäden legitim sind, um auf politische Probleme aufmerksam zu machen. Barrikaden, ob brennend oder nicht, haben oft noch eine politische Aussagekraft. Das Anzünden von Polizeiautos, in denen noch Beamte sitzen, gehört aber definitiv nicht dazu.

Eine Demonstration bietet die Möglichkeit, politische Forderungen auf die Straße zu tragen, bunt, laut, auch durch Blockaden, zivilen Ungehorsam etc.  
Doch wenn das Verhalten Einzelner dazu führt, dass nicht mehr die Politik, sondern Aggression im Vordergrund steht, dass nicht mehr Menschen für die Ziele der Demonstration gewonnen werden, sondern davor zurückschrecken, dann schadet das – in diesem Fall- der gesamten kapitalismuskritischen Bewegung, dann schadet das Verhalten Weniger den Tausenden, die ernsthafte Botschaften auf die Straße tragen wollen –  sei es mit Blockaden oder Transparenten.
Auch verkürzte Kapitalismuskritik, die mit teilweise antisemitischen Stereotypen arbeitet, ist fehl am Platz und erschwert eine fundierte Kapitalismuskritik.  

Bei aller Kritik, die notwendig ist, wenn die Verletzung von Menschen inkauf genommen wird und man sich fragen muss, wo bei den Krawallen der politische Sinn bleibt, ist aber die pauschale Kriminalisierung all derjenigen, die heute demonstrieren, mehr als unangemessen. Pauschale Schuldzuweisungen und Verallgemeinerungen greifen immer zu kurz und es ist schade, dass oft die als negativ wahrgenommenen Ereignisse in den Vordergrund rücken. 
Dass Menschen aus ganz Europa gegen die Troika demonstrieren, ist ein wichtiger Schritt (auch wenn ich mir oftmals eine reflektiertere Systemkritik wünschen würde statt der Schuldzuweisung an  Einzelne), ein wichtiges Zeichen, das den politischen Diskurs antreiben sollte.Dass es auch vonseiten der Polizei sicherlich zu  unangemessenen Übergriffen kam, sollte ebenfalls nicht aus den Augen verloren werden.

Nun aber rückt die altbekannte Frage nach der angeblichen „Gefahr von links“ in den Fokus der Debatten, ist Wasser auf die Mühlen reaktionärer, konservativer und linksgegnerischer Argumentation und zudem noch falsch, da sich unter die Demonstration- erwartbar, aber nichtsdestotrotz hochproblematisch – genügend rechte Gruppen gemischt hatten.
Dies ist mehr als schade, zumal das Blockupy-Bündnis und auch “…umsGanze” sich bunt zusammensetzen und letztendlich alle engagierten aktionistischen Gruppen unter dem Verhalten weniger Menschen leiden.

Kapitalismuskritik in allen möglichen Aktionsformen ist absolut notwendig, Selbstbeweihräucherung und sinnloser Krawall just for fun dagegen mehr als unangemessen.  
Die Gleichsetzung von links und rechts ist unangebracht und eine Pauschalisierung der Demonstrierenden schäbig. 
Bewusste, aggressive Gewalt gegen Menschen ( Auch Polizeibeamte sind Menschen, man muss sie nicht mögen, aber eine Entmenschlichung ist fatal) muss thematisiert werden, denn es gibt nicht nur einen großen Unterschied zwischen der Zerstörung von Dingen und der Gewalt an Menschen, sondern es schadet den politischen Zielen und der Aussagekraft einer jeden Demonstration, wenn Einzelne dies nutzen, um sich abzureagieren.
So wie es nötig ist, innerhalb der kapitalismuskritischen Bewegung die heutigen Ausschreitungen zu thematisieren, so ist es gesamtgesellschaftlich nötig, die berechtigten Kritikpunkte nicht unter den Tisch zu kehren und einzelne Ausschreitungen nicht ins Zentrum der Diskussion zu stellen.
Und zum Schluss noch an die, die jetzt behaupten, dass das ganze ja ohnehin mal wieder der Schwarze Block zu verantworten habe, der ja sowieso total blödsinnig und gefährlich sei: Seriously, übt euch mal bitte im Differenzieren!
Dieser Text stammt von Laila aus der Redaktion.
Das Foto veröffentlichen wir mit Genehmigung von Erik Marquardt, dem Bundessprecher der Grünen Jugend.