Rollenbilder sind ein beliebtes Thema, nicht nur in der politischen Diskussion. Filme, Bücher und Witze, die sich an den verbreiteten Klischees abarbeiten, erfreuen sich großer Beliebtheit. Dazu komme Kommentare und Debattenbeiträge, die Rollenbilder wahlweise bestätigen, verteidigen, verurteilen oder für ungültig erklären. Das funktioniert als Thema auch deshalb so gut, weil jede*r eigene Erfahrungen und Vorstellungen mitbringt und in irgendeiner Weise etwas mit dem Thema anzufangen weiß.  

Zweifellos waren die durch Rollenbilder geprägten Verhaltensweisen früher in einem größeren Maße verpflichtend und sorgten dafür, dass die Interessen der Frauen* sich ausschließlich auf die Familie und den Haushalt zu richten hatten, während der Mann* sich um den Broterwerb kümmerte. Wer nicht zu diesen Vorstellungen passte, musste sich ändern. Das sorgte zum Beispiel dafür, dass es für Männer* ein Imageverlust war, wenn ihre Frauen* arbeiteten, da die Gesellschaft der Meinung war, dass das nur nötig wäre, wenn der Mann* nicht in der Lage sei, die Familie zu ernähren.

 

Heute sind zwar vor dem Gesetz alle gleichberechtigt, in der Realität ist das jedoch noch lange nicht angekommen. Immer noch gibt es Verhaltensweisen, die als „typisch männlich“ oder „typisch weiblich“ empfunden werden und wer sich „atypisch“ verhält wird mitunter seltsam angeguckt oder belächelt oder ähnliches. Beispiele dafür sind unter anderem Väter im Erziehungsurlaub oder Frauen* in Ingenieursberufen.
Beliebt ist die in Diskussionen darüber der Verweis darauf, dass diese Unterschiede eben angeboren seien. Diese Behauptung wird jedoch von immer mehr Forschern in Zweifel gezogen und widerlegt. So steht es fest, dass Kinder verinnerlichen, was sie durch ihre Umwelt wahrnehmen. Zudem ahmen sie ihre Eltern nach. Auch Erwartungen des Umfelds prägen schon in früher Kindheit spätere Verhaltensweisen.

  

Auch Freunde, Bekannte und Lehrer nehmen Einfluss auf die Entwicklung des Kindes und seiner Anschauungen. Somit ist auch die Aussage, die Birgit Kelle in einer „hartaberfair“ Dikussion traf, erklärbar. Sie erklärte, ihre Tochter habe typisches Mädchenspielzeug und Mädchenaccessoires haben wollen, nachdem sie im Kindergarten gewesen sei. Ihre Begründung war, dass derartige Vorlieben anscheinend doch angeboren seien, da sie sich vorher bemüht habe derartige geschlechtertypischen Präferenzen nicht zu forcieren. Ist es aber nicht wahrscheinlicher, dass ihre Tochter in dem neuen Umfeld dann mit den Erwartungen der Gesellschaft bezüglich der Vorlieben eines kleinen Mädchens in Kontakt kam und sich ihrem Umfeld anpasste?  

 

Auch durch Medien werden Kinder in der Entwicklung von Rollenbildern beeinflusst. In vielen Werbeprospekten wird ihnen immer noch vorgelebt, dass Mädchen die Puppenküche und Jungs den Werkzeugkasten bevorzugen sollen. Hier sei beispielsweise auf Werbeprospekte von Toys’r’us hingewiesen. Auch Werbespots bleiben gerne auf bewährtem Kurs bei der Auswahl ihrer Darsteller. Frauen* werben für Waschmittel und Co, Männer* für das neue Auto beziehungsweise dessen Reparatur.  
Der letzte OECD-Bericht zur Bildung liefert weitere Beispiele dafür, dass die Klischees eher auf Sozialisierung als auf Vererbung beruhen. Dort zeigte sich, dass sich die Leistungen von Jungs und Mädchen sich zum Beispiel in Mathematik als gleich stark erwiesen haben, die Mädchen ihre Fähigkeiten in dem Bereich dennoch schlechter einschätzen. Deutschland gehört zu den Industrieländern mit dem größten Unterschied in der Einstellung der Geschlechter zu Mathematik.  

 

Auch die Rolle des Elternhauses wurde berücksichtigt. So können sich 40% der Eltern in Deutschland eine Karriere ihres Sohnes im Ingenieursbereich vorstellen, für eine Tochter beantworteten dies nur 15% positiv. Und das trotz ähnlicher oder gleicher Bildungsleistung. Die OECD folgert aus der Studie, dass Geschlechterdifferenzen sich nicht durch angeborenes Unvermögen ergeben, sondern vielmehr durch eine erworbene Haltung gegenüber den Fachbereichen.

 

Das alles zeigt, dass Denk- und Verhaltensweisen zum großen Teil auf gesellschaftliche Prägung zurückzuführen sind. Talente und Vorlieben können sich aber nur richtig entfalten, wenn sie auch gefördert werden, statt das den Kindern von vorneherein vermittelt wird, dass ihnen bestimmte Tätigkeiten nicht liegen, weil sie dafür das falsche Geschlecht haben. Wenn dies sich nicht ändert werden Talente vergeudet und Menschen daran gehindert glücklich zu werden mit dem, was sie am besten können und wofür sie sich interessieren. Wir sollten also aufhören in Kategorien zu denken, die so eng sind, dass sie keine freie Entscheidung ermöglichen und stattdessen jede*n so leben lassen wie sie/er es wünscht.  
 
Dieser Artikel stammt von Lili aus der Redaktion.
Bild: Pixelio.