Ständig erreichbar sein für alles und jede*n kann ziemlich von Vorteil sein. Mensch bekommt alles mit. Jetzt und sofort.
Der neueste Tratsch kann sofort nach dem Geschehen miteinander ausgetauscht werden.
Der/die Gastgeber*in auf der Party hat zu wenig Bier? Kein Problem, die zu später kommenden Menschen schnell informieren und schon ist das Problem gelöst.
Auch Stimmungen, egal ob positiv oder negativ, kann Freund*innen direkt mitgeteilt werden. Zwar nur schriftlich , aber immerhin sehr schnell.

Aber ist es überhaupt gut sich dermaßen erreichbar zu machen?

Irgendwie bleibt Mensch da doch selber etwas auf der Strecke, während Mensch permanent mit allem zugeknallt wird, es sei denn das Internet oder Handy bleibt ausgeschaltet.
Die neuesten Kommunikationsmittel lassen kaum Raum für Privatsphäre, es sei denn diese wird sich betont genommen. Mensch muss sich inzwischen rechtfertigen, warum nicht sofort diese und jene Nachrichten, aus welchen Gründen auch immer, nicht (sofort) beantwortet konnten oder gerade keine Kommunikation gewährleistet werden kann.

In dieser Gesellschaft herrscht anscheinend der Anspruch, dass Menschen permanent erreichbar sein sollen, füreinander da sein müssen, ohne darauf zu achten, wie es einem selbst damit geht.
Ja, es gehört zum „guten Ton“ sofort zu antworten; innerhalb von Sekunden nachdem die „gelesen-Funktion“ angezeigt wurde.
Und nicht selten ignoriert Mensch das Gefühl, dass es einem nicht gut geht mit permanenter Konfrontation von menschlichen Gefühlen und Kommunikation.
Eben wegen dem gesellschaftlichen Anspruch permanent „erreichbar“ sein zu ymüssen.

Nicht selten sind in Streitigkeiten via Whatsapp und Co nicht mehr die Streitenden beteiligt, sondern auch deren Freund*innen. Stilles mitlesen, Tipps geben, letztendlich involviert sein, aber auch nicht selten trotzdem daneben stehen oder sogar mit reingezogen werden sind inzwischen Alltag.
Ein Treffen mit Freund*innen auf einen Kaffee oder Tee wird meistens durch Handy-Kommunikation mit anderen Menschen gestört.

Aber was kann Mensch tun um sich beim Kommunikationswahnsinn nicht selber zurückzustellen?

Entzugserscheinungen wie zittern, Angst-Gefühle etc. sind nicht selten, wenn Mensch sein Handy verlegt hat oder gar nur der Akku leer ist.
Böse Nachrichten von enttäuschten Freund*innen, denen man nicht sofort geantwortet hat sind ebenfalls Dinge mit denen wir uns inzwischen auseinandersetzen müssen.
In allererster Linie sollten wir uns nicht selbst dem Anspruch der Gesellschaft hingeben, welcher impliziert, dass Mensch nur dann ein*e gute*r Freund*in ist, wenn Mensch permanent für den anderen da ist. Das kann und darf nicht sein!
Klare Worte finden bei diesem Thema ist meistens schwer, genauso wie einfach zu sagen, dass Mensch entsprechendes Kommunikationsverhalten „deuten“ soll.
Dabei kommt meistens nur noch mehr Chaos raus.

Nehmen wir uns den Raum und die Privatsphäre die wir brauchen, unabhängig von der „gesehen“-, „gelesen“, „zuletzt-online“-Funktionen in jeglichen Messenger-Diensten. Im besten Fall reden wir mit dem/der Kommunikationspartner*in darüber, aber auch das sollte kein Anspruch in unserer Gesellschaft sein.
Manchmal ist ein Verhalten in manchen Momenten nicht zu begründen, dazu zählt auch nicht antworten oder erst später antworten.

Mit ganz viel Glitzer,

einer der aktivsten Handy-Menschen die es so gibt, welche*r sich aber trotzdem mal so seine Gedanken gemacht hat.

 

 

Foto: Laila Riedmiller