Ich wollte nie Feministin sein. Früher hätte ich mich niemals als Feministin definiert. Nie, nie, niemals! Ich hatte eine Abneigung gegen dieses Wort, gegen diese Bewegung.

Früher war Feminismus für mich bieder, verstaubt, eine Denkweise der Frustration. Feminismus war für mich unmittelbar mit Alice Schwarzer verbunden. Dachte ich an Feministinnen, so dachte ich an Frauen, die sich nicht schminken und nicht rasieren. Frauen, die frustriert sind.Männer hassende Frauen. Für mich war der Feminismus total unattraktiv                                                                            .
Früher passte Feminismus so gar nicht in meine Welt. Feminismus passte nicht zu mir und meiner Vorstellung einer modernen, freien Gesellschaft. Ich wollte frei sein, laut sein, rebellieren, leben und lieben wie es mir passt.

Wollte Fußball spielen und mich auch schminken können. Beides. Alles. Und dabei wollte ich mich nicht auf mein Geschlecht reduzieren lassen! Ich wollte nicht nur als Frau gesehen werden. Wollte nicht als Frau diskriminiert, aber erst recht nicht als Frau gefördert werden. Ich wollte mich einfach nicht in diese Kategorie Frau quetschen lassen, und die damit verbundenen Erwartungen und Ansprüche erfüllen. Schließlich bin ich doch Mensch und nicht nur Frau.

So begann mein politischer Kampf schließlich als Mensch, nicht als Feministin. Dennoch wurde ich immer wieder mit diesem Feminismus konfrontiert. In coolen Büchern, in Debatten und schließlich bei der GRÜNEN JUGEND. Mein antikapitalistisches Herz merkte irgendwann, dass es viel mehr Diskriminierungsstrukturen als bloß in der Wirtschaft und Sozialpolitik gibt. Und dass ein Systemwandel immer auch einen Gesellschaftswandel braucht. Und mit der Kritik am System, an Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten, kam ich dann doch zum Feminismus.

Feminismus ist für mich eine Gesellschaftskritik. Eine Kritik an bestehenden Konstrukten, Barrieren und Diskriminierungsformen. Ein Kampf gegen patriarchale Strukturen und Machtverteilung. Feminismus kämpft für die Rechte von Frauen und hat den Anspruch, Gesellschaft zu verändern. Feminismus kämpft für die Freiheit des Individuums und eine gerechte Gesellschaft, in der das Geschlecht nicht zählt. Die Kategorisierung von Menschen in Frauen und Männer lehne ich schon immer ab, nun weiß ich, dass der Feminismus genau für diese Gleichheit von Menschen streitet. Für mich ist es schitt egal, wie sich ein Mensch definiert und fühlt und ob er oder sie es überhaupt tut.

In meiner queer-feministischen Gedankenwelt nimmt das binäre Geschlechtersystem kaum Platz ein. Und dennoch greife ich auf die Kategorien Frau und Mann zurück. Wieso? Um Diskriminierungsstrukturen aufzuzeigen. Um mich ausdrücken zu können. Um zu sagen, wenn unsere Gesellschaft leider doch nach dem Geschlecht richtet und urteilt. Wenn Frauen weniger verdienen oder Männer als Kindergärtner belächelt werden, so muss dies benannt werden. Wenn Frauen Sexismus zum Opfer fallen, möchte ich das beklagen können. Wenn Frauen ohne Quote nicht in Vorstände gelangen, so möchte ich dies verurteilen können. Und wenn Männer nicht weinen dürfen oder für die Nutzung von Elternzeit verspottet werden, so möchte ich dies aufs Schärfste kritisieren. In unserer Gesellschaft findet leider immer noch Diskriminierung aufgrund des Geschlechts statt! Und aus dieser gesellschaftlichen Wirklichkeit können wir uns nicht entziehen. Wir können nur versuchen, sie zu ändern.

Wer das (wirtschaftliche) System ändern will, kommt nicht an einem gesellschaftlichen Wandel vorbei. Wenn wir also für eine gerechtere Welt streiten, so müssen wir alle Diskriminierungen bedenken. Die Diskriminierung aufgrund Geschlechtlichkeit ist dabei ein wesentlicher Bestandteil. Der Feminismus streitet daher schon seit Jahrzehnten für die Rechte der Frauen. Feminismus versucht, die historisch gewachsenen Diskriminierungen zu beseitigen und allen Menschen gleiche Rechte zu geben. Doch dieser Kampf richtet sich nicht gegen Männer, es ist kein Kampf des einen gegen das andere Geschlecht. Es ist ein Kampf für mehr Freiheit und Gleichheit! Und deshalb kämpfe ich nun als Feministin

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Lisa-Marie Friede

ist Studentin der Sozialwissenschaften in Köln, 22 Jahre jung und Sprecherin der Grünen Jugend Nrw.
Sie will nicht in einer Gesellschaft leben, in der Geschlecht, Aussehen und Herkunft über Beruf und Zukunft bestimmen, deswegen setzt sie sich für “junge grüne linke Politik” ein.