In der Grünen Jugend sind wir alle furchtbar offen und aufgeklärt. Wir glauben an Liebe und Frieden, an Redelisten, klärende Gespräche und Gewaltfreiheit. Die Mehrheit der Menschen in unserem Verband sind friedlich, höflich und führen großartige Debatten, in der eine Meinungspluralität wertgeschätzt und als Ergebnis gelebter Demokratie akzeptiert wird.

Wie kann es dann sein, dass es auch bei uns Fälle von Beleidigungen, Drohungen und (Cyber-)Mobbing gibt?! Ganz einfach:
Gewalt muss sich nicht in einem Faustschlag kristallisieren, nein, sie ist oft sehr viel vielschichtiger und subtiler- dadurch jedoch nicht weniger verletzend.

In der Grünen Jugend findet man vielleicht selten explizite Kraftausdrücke, dafür jedoch um so mehr Debatten, in denen Menschen buchstäblich gegen die Wand diskutiert werden. Einige wenige meinen immer wieder, dass es in Ordnung sei, Menschen durch Unterstellungen und immer weiter führenden Kommentaren im real life sowie online zu einer Diskussion zu zwingen. Dies ist eine Form der emotionalen Machtausübung. Dominanz durch Sprache, Lautstärke oder auch die schiere Masse und Länge von (Facebook-)Kommentaren können in vielen Fällen bedrohlich und erdrückend wirken.
“Muss ich mich jetzt rechtfertigen? Will ich das so stehen lassen? Moment, so habe ich das aber doch gar nicht gemeint…”

Häufig fühlen wir uns missverstanden, weil wir den Eindruck haben, dass einzelne Menschen uns absichtlich die Worte im Mund umdrehen und unseren Standpunkt falsch darstellen. Dadurch entsteht ein Gefühl der Machtlosigkeit und der Verletzbarkeit, denn wenn andere unsere eigenen Worte gegen uns verwenden, um ihre Überlegung zu demonstrieren, geschieht eine sehr subtile und doch typische Form der psychischen Gewalt. Es wird vermittelt, dass wir selbst an der entstandenen Situation schuld sind; wir haben es nicht besser verdient.

Ähnlich verhält es sich bei ständiger Provokation im Bezug auf ein ganz bestimmtes Thema. Es ist vollkommen in Ordnung, unterschiedlicher Meinung zu sein und Debatten bewirken oft großartige Veränderungen. Doch wenn wir nicht mehr sprechen (oder auch posten) können, ohne Angst haben zu müssen, sofort wieder in eine unfaire Diskussion mit dem oben beschriebenen Verhalten mit den immer gleichen Leuten verstrickt zu werden, führt das letztendlich zur Selbstzensur.

All diese Punkte sind Mechanismen, die Täter*innen nutzen, um ihre Opfer klein zu kriegen. In letzter Zeit hat es eine dramatische Entwicklung gegeben. Menschen, die über lange Zeit diese Formen des Mobbings als Reaktion auf verlorene Abstimmungen und generelle Unzufriedenheit betrieben haben, stellen sich öffentlich als Opfer dar. Das ist ein weiterer emotionaler Schlag für die Opfer dieser Täter*innen.Es wird Zeit, dass wir diese Muster der Gewalt nicht mehr hinnehmen und aufhören, sie als Spinnereien von Einzelpersonen abzutun. Es handelt sich hier um nichts anderes als systematische psychische Gewalt und Mobbing! Wir müssen diese Missstände benennen, denn auch Gewalt auf hohem Niveau ist verletzend und absolut inakzeptabel!

Daher sollten wir alle uns regelmäßig in Erinnerung rufen, was Worte anderen Menschen antun können. Und wir müssen lernen, über unsere Handlungen und Aussagen und ihre Konsequenzen für andere Menschen nachzudenken.